HardwareWindows 10

Längere Akkulaufzeit mit dem Surface Pro „Power drain“-Fix!

Ein Gastbeitrag von Michael Lubomirski.

Wie einige von euch, nutze auch ich ein Surface Pro 4 (Config: i5, 8 GB) als mein Hauptarbeitsgerät. Meine Tätigkeit beinhaltet das Halten von Vorträgen, Workshops und Begleitung von Meditationen, so dass ich auf eine gute Akkulaufzeit angewiesen bin. Bis zum berüchtigten Windows 10 Update „1903“ war mein bis dahin sehr wohlbehüteter Surface Akku auch ein treuer Begleiter an meiner Seite und hat mich nie unter 4 Stunden Laufzeit im Stich gelassen.

Surface Pro Akku-Probleme seit Windows 1903 Update

Nach dem Update auf Windows „1903“ leerte sich das Gerät permanent – egal ob es nun ein-, ausgeschaltet oder im Stand-by war. Von den ursprünglichen ca. 4 Stunden Laufzeit blieb mir ca. 1,5 Stunden Betrieb und das Gerät verlor ca. 3-5 % Akku im ausgeschalteten Zustand pro Stunde! Was das Problem noch ein Stückweit schlimmer machte, war die Unzuverlässigkeit der Akkuanzeige: Das Surface Pro 4 verabschiedete sich schon mal mit noch über 15 % Akku gemäß der Anzeige. Da ich so nicht vernünftig arbeiten konnte, aber auch nicht gerade 1.500 € für ein neues Gerät über habe, begab ich mich auf die Suche nach einer Lösung.

Nach den offiziellen Stellungnahmen und dem Verhalten der Mitarbeiter im Support-Chat (dazu unten mehr) war für mich von Seiten Microsofts eine Lösung nicht zu erwarten. Nach äußerst langer Suche und vielem Rumprobieren habe ich nun das Problem meines Surface Pro 4 lösen können und schreibe diese Zeilen mit einer doch vermutlich eher zu optimistischen Restlaufzeitanzeige vor 5 Stunden in meiner Taskleiste (bei 95 % Ladung).

Problembehebung: Schritt für Schritt zur ursprünglichen Akkulaufzeit

Wenn Du also ein Surface Pro 3 / 4 / 5, Surface Book 1 / 2 oder Surface Laptop 1 / 2 hast und auch vom „Battery Drain Gate 1903“ betroffen bist, kann Dir das hier vermutlich weiterhelfen (zumindest zu einer Übergangslösung zu finden), wenn Dir die Akkulaufzeit Deines Gerätes ebenso wichtig ist, wie mir.

Vorbereitung:

  • Clean-Install von Windows 1903  (Link): Ja, das tut weh! Aber wer sicher gehen will, kommt hier nicht dran vorbei. Natürlich kannst Du es erstmal ohne eine frische Installation versuchen, aber die folgenden Schritte dauern auch etwas, so dass ich persönlich sicher gehen wollte, dass es auf einer möglichst „soliden“ Basis aufbaut.
  • Finalisierung aller Updates über den Store, Office Apps und Microsoft Update BEVOR ich irgendwas anderes an dem Gerät gemacht habe.
  • Deaktivierung „Connected Standby“: Ausführen -> regedit -> Computer\HKEY_LOCAL_MACHINE\SYSTEM\CurrentControlSet\Control\Power -> dort den Eintrag CsEnabled auf “0” setzen, dann auf „OK“. Das hat zufolge, dass der Standby Modus nicht mehr verfügbar ist und der PC ggf. etwas länger runter- und hochfährt bei Arbeitsunterbrechungen. Aber dafür stellt das den Stromverlust im ausgeschaltetem Zustand ab (zusammen mit den folgenden Schritten).
  • Deaktivierung „WindowsHello“: Bei manchen mag das nicht notwendig sein, bei mir war es das leider. Ich musste Gesichtserkennung & Fingerabdruckerkennung des Type-Covers abstellen, um den Drain im Off-Zustand letztendlich einzudämmen. Dies erfolgt unter Einstellungen -> Anmeldeoptionen.

SMT / Akku-Kalibrierung:

  • SMT ausschalten und Akku neu kalibrieren: Zunächst gehe ich auf den Prozess ein, anschliepend darauf, was SMT ist bzw. macht:
    1. Schalte das Gerät aus.
    2. Boote in UEFI / Firmware: Power Taste + Volume Up Taste beim Bootvorgang zusammen gedrückt halten.
    3. Schalte dort „SMT“ per Schieberegler aus.
    4. Fahre das Gerät hoch und entleere die Batterie, bis das Gerät sich von selbst abschaltet. Also nicht dazwischen Herunterfahren, neustarten oder in den Ruhezustand. Das Gerät sollte komplett durchlaufen, bis es einfach aus Akkumangel ausgeht. Eine Möglichkeit ist, das Gerät erneut in UEFI zu booten und so zu lassen, da hier keine Akkuspar-Einstellung das Gerät zwischendurch versehentlich herunterfahren kann.
    5. Wiederhole Schritt 4, d.h. wenn das Gerät komplett leer ist, lade es ohne Unterbrechungen der Stromversorgung komplett auf, bis der Akku 100% anzeigt und lasse diesen dann erneut ohne Ausschalten, Neustart o.ä. leerlaufen. Dies ist sehr wichtig für den Erfolg der Odyssee.
    6. Nach der zweiten Entladung der Batterie erreichst Du eine vollständige Neukalibrierung. Lade das Gerät wieder voll auf, schalte es ein und stelle die Batteriekonfiguration auf „Bessere Leistung“ ein. Lasse dann einen Energie- und Batteriereport generieren und gehe diesen bei Fehlern durch. Das mag im Einzelfall unterschiedlich sein, bei mir war nach dem Clean-Install von Schritt 1 kein Fehler vorhanden. Vorher gab es USB Port Verbrauchermeldungen, die mir persönlich unerklärlich waren).So lässt Du den Energiereport erzeugen: Rechte Maustaste auf den Windows-Button -> Windows Powershell (Admin) -> „Ja“ -> powercfg /energy /output C:\energy_report.html -> für 60 Sekunden einfach mal nichts machen und dann auf C:\ den Bericht einsehen.So wird der Batteriereport erzeugt: Rechte Maustaste auf den Windows-Button -> Windows Powershell (Admin) -> „Ja“ -> powercfg /batteryreport /output „C:\battery_report.html“ –> auf C:\ den Bericht einsehen.
    7. Entleere die Batterie noch einmal (nicht zwischendrin ausschalten usw -> ja… noch einmal) und stecke dann den Surface wieder ans Stromkabel und verwende diesen wie gewohnt.
    8. Sobald das Gerät zu 100% vollständig aufgeladen ist, schalte zwischen „Beste Leistung“ & „Bessere Leistung“ hin und her (erreichbar über das Akku-Icon) und beobachte, welche Laufzeiten sich dabei ergeben.
    9. Optional, aber zum Testen: SMT wieder in UEFI einschalten. Generiere dann erneut den Energiereport und Batteriereport und vergleiche diese.

An dieser Stelle vielen Dank an „Johnny L.“ aus dem Microsoft Support Forum für diesen genialen Hinweis.

Gut zu wissen

Ein paar Kleinigkeiten noch dazu, die sich leider aus der Komplexität und der Zeitleiste ergeben, aber für die meisten doch relevant sein dürften:

  • Die Windows Build 1909, die gerade ausgerollt wird hat bei meinem Gerät (vor dieser ganzen Operation) über den Insider-Preview GAR NICHTS gebracht. Der Akku war weiterhin unter 2 Stunden tot.
  • Kürzlich habe ich über den Insider-Preview-Slow-Ring eine neue Build erhalten 1122 (um genau zu sein) und nach diesem Update habe ich sogar mit wieder eingeschaltetem SMT akzeptable Akkulaufzeiten ca. 3-4 Stunden je nach Nutzung. Das mag Zufall sein und sich bei jedem unterscheiden. Ihr merkt aber schnell dann durchs Rumprobieren, wie lange das Gerät mit und ohne SMT hält. Im Moment habe ich also die Leistung von SMT und die Laufzeit wieder „zurück“. Der Build ist neu und ich beobachte das Verhalten auch auf meinem Gerät mit Skepsis, immer bereit das SMT auszuschalten.

Das Referenzgerät

Mein Akku hat über 400 „cycles“ hinter sich, was an sich schon eine Menge ist, aber noch eine Restkapazität von ca. 31,5mWh (Design-Capacity war 38mWh). Witzig war auch, dass alle Batterie-Reports meinem Akku vor der Kalibrierung eine andere Kapazität bescheinigten (Schritte 5 – 8 oben).

Eine Erwähnung wert ist der Chat mit Microsoft bzw. Surface Support zu dem Thema. Hier werdet ihr natürlich abgewimmelt und es wird euch erzählt werden, dass es sich „ganz klar um einen Hardware-Defekt handelt“ und da euer Surface (wie meiner) sehr wahrscheinlich sich außerhalb der Garantie befindet, könnt ihr diesen gerne für teures Geld einschicken. Aus der obigen Anleitung wird glasklar, dass es ein Softwareproblem ist – nämlich das Handling des SMTs (dazu gleich mehr) und nicht ein Akku- oder gar anderes Hardwareproblem. Das Problem betrifft nicht nur uns Microsoft-Geschädigte, sondern auch einige iPhones und Intel Core i9 MacBook Pro Besitzer. Daher kann es schon sein, dass jemand (vermutlich nicht Microsoft) eine Lösung für das Problem finden wird und Microsoft das vielleicht übernimmt für die vielen von uns, die ihr Surface gerne weiter nutzen würden ohne die vielen Einschränkungen.

Was ist „SMT“?

Hier eine geniale Zusammenfassung dazu auf Englisch:

Simultaneous multithreading is a processor design that combines hardware multithreading with superscalar processor technology to allow multiple threads to issue instructions each cycle. Unlike other hardware multithreaded architectures (such as the Tera MTA), in which only a single hardware context (i.e., thread) is active on any given cycle, SMT permits all thread contexts to simultaneously compete for and share processor resources. Unlike conventional superscalar processors, which suffer from a lack of per-thread instruction-level parallelism, simultaneous multithreading uses multiple threads to compensate for low single-thread ILP. The performance consequence is significantly higher instruction throughput and program speedups on a variety of workloads that include commercial databases, web servers and scientific applications in both multiprogrammed and parallel environments.

// Quelle: https://dada.cs.washington.edu/smt/

Was heißt das für den unbedarften User?

Ohne SMT ist die Kiste etwas langsamer und fühlt sich ruckeliger an. Die normalen Tasks und Apps funktionieren aber akzeptabel und ich kann damit relativ normal arbeiten. Kleinigkeiten nerven, wie z.B. die nicht flüssige Texteingabe im Browser und Apps oder das etwas hakelige Multitasking. Es ist ein Workaround und damit leider keine finale Lösung für das Dilemma mit unseren Akkulaufzeiten. Dennoch ist es für mich allemal besser, ein für 4,5 Stunden laufendes Gerät zu haben, als mit optimaler Performance nach 1,5 Stunden eine Steckdose suchen zu müssen.

Wir sind uns hier alle einig, dass beides erwartet werden darf von einem Gerät dieses Anspruchs und Preises. Wie so oft in meiner Microsoft-Fan-Vergangenheit bin ich maßlos von diesem Konzern enttäuscht, hoffe euch aber wieder etwas versöhnlicher mit eurem Gerät zu stimmen, da nun wieder Arbeiten im Café, Park oder woanders abseits der Steckdose möglich sein sollte.


Qelle: Dieser Gastbeitrag stammt von Michael Lubomirski von www.soulmastery.de aus München. Er hält Vorträge, Workshops und begleitet Meditationen.

About author

Hier spricht das gesamte Team von WindowsArea.de.
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