Editorial

Meinung: Ein Windows 10 Feature Update pro Jahr ist genug

Ja, jetzt bin ich endlich auch dafür. Bisher habe ich vehement abgelehnt, dass uns Microsoft in Zukunft nur eines statt zwei Feature Updates für Windows 10 pro Jahr bereitstellt.

Das hatte einige wichtige und logische Gründe. Ich könnte schwören, ich hatte sogar eine richtig gute Begründung dafür. Irgendwas mit Industrietrends folgen können, rascher technischer Fortschritt und, oh ja, genau, der Edge-Browser.

Das Edge-Argument

Die Argumente, welche ich als Verteidiger dieser Zwei-Feature-Update-Strategie vorlegte, fallen jedoch zunehmend weg. Der wichtigste Punkt löst sich gar gänzlich in Luft auf: Der Microsoft Edge-Browser wird nun auf Chromium-Basis entwickelt, ist somit vollkommen von der Windows 10-Entwicklung abgekoppelt und erscheint auch für Windows 7. Edge bekommt nun auch dann Updates, wenn Windows 10 kein Update bekommt.

Zwei große Edge-Updates pro Jahr waren bereits viel zu wenig, um mit dem Tempo der Branche mithalten zu können. Ein Update pro Jahr hätte Edge vernichtet. Nun, das macht Microsoft nun selbst, also ist das Argument weg.

Windows 10, das Trendsystem?

Microsofts Argumentation für zwei Feature Updates pro Jahr erwähnt keine konkreten Produkte. Stattdessen spricht man von „Industrietrends“ und „Innovationen“, denen man nur in der aktuellen Kadenz folgen kann.

Hier muss man allerdings klar die Frage stellen, welche „Industrietrends“ hier gemeint sind? Besonders mit Blick auf die bisherigen Feature Updates von Windows 10 lässt sich nur schwer ein solches Trend-Feature feststellen. Paint3D? MyPeople? Der Windows Ink Arbeitsbereich? All das sind nämlich Feature Update-Neuerungen, die erst enthusiastisch implementiert und zunehmend wieder aus dem System zurückgebaut werden.

Bietet Windows 10 auch nur ansatzweise Unterstützung für Foldables? Nein. Bietet Windows 10 eine wirklich gute Integration mit smart Home-Geräten? Nein. Unterstützt Windows 10 ambient computing? Nein. Kann Windows 10 autonome Geräte bereiben? Nein. Ihr wollt noch mehr Trends? Blockchain, AI-Features, Edge Computing? Nein, nein und nein. Zugegeben, mit Windows ML und Cortana sind AI- und Smart Home-Ansätze (US-only) da. Die sind aber so konsequent umgesetzt, dass beide Funktionen im Consumer-Bereich von den 900 Millionen Nutzern wirklich niemand vermisst.

Traut man Microsofts und meiner bisherigen unreflektierten Argumentation, so müsste Windows 10 ein vielseitig einsetzbares System sein, das jeden auch nur denkbaren Einsatzzweck und Industrietrend abdeckt. Aber Windows 10 ist immer noch euer gutes, altes, stabiles Desktop-System für Gaming und Produktivität.

Das Industrietrends-Argument fällt demnach bereits in Anbetracht der bisherigen Entwicklung von Windows 10 in sich zusammen. Wirft man einen Blick in die Zukunft, so merkt man schnell, dass Microsoft das eigene, aktuelle Desktop-System nicht als modern ansieht. Microsoft begann kürzlich über Windows Core OS bzw. Windows Lite zu sprechen. Dabei erwähnte man in einem Blogpost stolze 11 Mal die Phrase „modernes Betriebssystem der Zukunft“ und kein einziges Mal Windows 10. Windows 10 zum „Trendsystem“ umzubauen, das tragen die Kunden nicht mit. Siehe Windows 8. Und das hat Microsoft auch nicht vor. Aus diesem Grund ist dieses Argument für zwei Feature Updates pro Jahr genauso ungültig.

Zuverlässigkeit

Microsoft-Kritiker argumentieren einzig und allein mit dieser Sache: Windows 10 Oktober 2018 Update. Das Unternehmen habe damit (wieder einmal) bewiesen, dass man nicht imstande sei, ein funktionierendes Update auszuliefern. Dann nennt man die Probleme verschiedener Windows 10 Updates aus der Vergangenheit und natürlich die Katastrophe rund um das Oktober 2018 Update.

Das war für mich allerdings nie ein gutes Argument. Denn, während einige Nutzer zweifellos Probleme mit dem Update haben, muss man die Sache richtig einordnen. Nur ein Bruchteil eines Prozents aller Windows 10-Nutzer war von dem Daten löschenden Fehler betroffen. Microsoft hat schnell die Konsequenz daraus gezogen und das Update zurückgezogen. Die Redmonder waren bei diesem Update zweifellos unvorsichtig, aber ich möchte nicht behaupten, dass Microsoft ein Zuverlässigkeitsproblem bei Windows 10 hat.

Es gibt Autos (und Flugzeuge!), die eine höhere Fehlerrate haben als Windows 10.

Schlusswort: Es passt zur Strategie

Blicke ich auf meine bisherige Argumentation gegen ein einzelnes Feature-Update pro Jahr, muss ich feststellen, dass all diese Gründe sich mehr oder weniger in Luft aufgelöst haben. Und so sehr ich gerne aus blindem Stolz an meiner bisherigen Meinung festhalten würde, so finde ich einfach keine weiteren legitimen Gründe.

Microsoft hat seinen Kunden mit dem Windows 10 Mai 2019 Update mehr Kontrolle gewährt über Updates. Künftig werden „Zwangsupdates“ nur dann angewandt, wenn sich das Ende des Support-Zyklus nähert. Faktisch heißt das: Windows 10 Nutzer müssen nun ohnehin nur noch einmal im Jahr ein Feature Update installieren. Meiner Meinung nach wäre es klug und angesichts der aktuellen Strategie auch nur logisch, künftig ein großes Feature Update im Frühling und ein großes Wartungsupdate im Herbst für Windows 10 auszurollen.

Was ist eure Meinung zum Thema? Sollte es künftig weiter zwei Feature Updates pro Jahr geben oder nur eines? Verratet uns eure Ideen gerne in den Kommentaren!

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"Entdeckung besteht darin, den gleichen Gegenstand wie alle anderen zu betrachten, sich aber etwas anderes dabei zu denken."
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