Editorial

1809: Microsoft Bashing am Beispiel eines aktuellen Falles

Das Windows 10 Oktober 2018 Update ist medial mittlerweile zur Lachnummer verkommen. Sowohl Nutzer als auch Medien machen sich über das Update lustig. Statistisch gesehen hat keiner von ihnen je einen Bug mit Version 1809 erlebt und wahrscheinlich das Update wohl noch gar nicht installiert.

Unterschiedliche Medien haben bereits Gefallen daran gefunden, das Windows 10 Oktober 2018 Update heftig zu kritisieren oder gar Witze darüber zu publizieren. Anscheinend ist das gerade in Mode.

Seriöse Recherche, Nachfrage beim Hersteller und ausgewogene Berichterstattung? Das ist nicht so chic. Besonders der aktuelle Fall rund um die „fehlende Unterstützung“ von Windows 10 für neuere Prozessoren zeigt auf, dass es offenbar mittlerweile keinerlei Recherche braucht, um Microsoft für das Windows 10 Oktober 2018 Update zu kritisieren.

Behauptung: „Windows 10 Oktober 2018 Update bereitet Herstellern Probleme“

Diese Meldung war in den letzten Tagen in unzähligen Medien so oder so ähnlich zu finden. Egal, ob englische oder deutschsprachige Medien, Zeitungen oder Technik-Blogs, seriös oder unseriös. Die Meldung war öffentlich und wurde Lesern als Faktum verkauft. Alle Beiträge hatten eine Sache gemein: Sie waren überhaupt nicht bis kaum recherchiert. Kaum „Journalisten“ gingen der Sache auf den Grund, überprüften, woher die Meldung überhaupt stammt oder haben gar beim Hersteller nachgefragt. Stattdessen wurden die Meldungen praktisch abgeschrieben und wurden im Ton immer schärfer und kritischer gegen Microsoft. Das Phänomen „stille Post“ am Beispiel der deutschsprachigen Blogger-Szene, wäre doch eine tolle Headline für diesen Artikel. Wir wollen allerdings niemanden direkt an den Pranger stellen. Mit einer Ausnahme. Wir wollen nämlich wissen, woher stammt diese Meldung überhaupt? Behauptete denn irgendein Hersteller, Probleme mit Windows 10 1809 zu haben?

Den Ursprung dieser Meldung machte der von mir normalerweise sehr geschätzte Blogger Brad Sams, der basierend auf seine Spekulation eine Mücke zu einem Elefanten machte. Er sah ein neues Windows 10 ARM-Gerät in einem Best Buy-Geschäft, das mit Windows 10 Version 1803 lief. Das ist die Faktenlage. Nicht mehr als ein Laptop in einem Technik-Laden.

Ohne die Sache zu recherchieren, folgerte er, dass die Geräte verfrüht mit ungetesteter Software auf den Markt geworfen wurden und Version 1803 zumindest laut einer Microsoft Support-Seite die neuen Snapdragon 850-Prozessoren gar nicht unterstützt. Sein einziger Beweis war eine Support-Seite von Microsoft. Eine Bitte um Stellungnahme durch Microsoft oder Lenovo gab es nicht.

Reine Spekulation wird zum Fakt

Lenovo Yoga C630

Was ist denn das? Etwa ein perfekt funktionierendes Lenovo Yoga C630 mit Windows 10 Version 1803? Neeein? Doch! Oh.

Er geht automatisch davon aus, dass die Software auf den neuen ARM-Geräten von Samsung und Lenovo nicht unterstützt wird und demnach katastrophal laufen muss.

In seinem Artikel fragt er weder bei Microsoft, noch bei Lenovo oder Samsung nach, ob das denn stimmt. Offenbar besitzt er auch keines dieser Windows 10 ARM-Geräte und hat irgendwelche Fehler entdecken können, die zumindest diesen Schluss zulassen würden. Was in seinem Artikel als Faktum dargestellt wird, ist rein seine Vermutung. Und sehr wahrscheinlich ist diese falsch.

Basierend auf dieser einen (ausnahmsweise!) schlecht recherchierten Meldung des geschätzten Kollegen haben unzählige Medien in Deutschland genau das berichtet. Microsofts fehlerbehaftetes Windows-Update macht schon wieder nur Probleme. Dabei ist die Meldung schon im Kern falsch.

Microsoft aktualisiert Support-Seite

Brad Sams geht fälschlicherweise davon aus, dass die Hersteller die Geräte mit dem Snadpragon 850-Prozessor nicht mit Version 1803 getestet haben. Das ist schlichtweg unwahr, aber ein menschlicher Fehler, der auch mal passierend darf. Die unüberprüfte Weitergabe dieser falschen Information durch unzählige Medien regt mich allerdings auf.

Auf der IFA 2018 konnte ich selbst sehr viel Zeit mit dem Lenovo Yoga C630 verbringen und das dort gezeigte Notebook lief einwandfrei mit dem April 2018 Update. Es ist sehr üblich, dass Hersteller ihre Hardware mit der Software testen, die gerade stabil und offiziell verfügbar ist. Das Windows 10 Oktober 2018 Update war im August noch lange nicht fertig. Zudem werden die Geräte nicht in einem Monat entwickelt. Der Snapdragon 850 tauchte schon Anfang dieses Jahres in Benchmarks auf. Lief darauf etwa schon das Oktober 2018 Update? Was denken diese Journalisten eigentlich?

Manche Journalisten sind so darauf fixiert, eine negative Headline über Microsoft zu verfassen, dass ihr logisches Denkvermögen plötzlich aufgibt.

Und das Problem, welches nie existiert hat, hat Microsoft nun „gelöst“, indem man die Support-Tabelle erweitert hat und die Unterstützung für den Snapdragon 850 bei Version 1803 hinzufügte. Keiner dieser „Journalisten“ hat vor dem Schreiben eines Berichts daran gedacht, dass Microsoft einfach vergessen haben könnte, die Support-Tabelle zu aktualisieren. Denn das passiert regelmäßig. Was weniger oft passiert? Dass ein Hersteller bewusst ungetestete Software auf neuen Geräten ausliefert, sodass Kunden ein miserables Benutzererlebnis haben.

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"Entdeckung besteht darin, den gleichen Gegenstand wie alle anderen zu betrachten, sich aber etwas anderes dabei zu denken."
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